FILM SeelenSchatten

Pressespiegel

 
Tages-Anzeiger 14.11.02 (Christoph Schneider)

Wenn die Schwärze sie überfallen habe, sagt die depressive Hélène P., dann sei sie zu nichts mehr fähig gewesen, nicht einmal mehr dazu, "afo es Schlüttli z lisme". Und in dieser Unfähigkeit, den Selbstverständlichkeiten der eigenen Wirklichkeit zu begegnen, äussert sich die ganze Konkretheit der Depression, die eine Krankheit ist und nicht nur eine melancholische Herbststimmung der Seele. Für seinen Dokumentarfilm "SeelenSchatten" hat der Zürcher Filmemacher Dieter Gränicher anderthalb Jahre lang Menschen begleitet, die wissen, wie es ist, sich in der ausweglosen Trauer zu verlieren. Sie - und nicht die psychiatrischen Experten, die die Beobachtung diskret überwachten - finden Worte für eine über die Existenz gestülpte Dunkelheit. Als Film ist das kunstlos gradlinig, als Protokoll von Erfahrungen differenziert und berührend.


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Der Bund 29.11.02 (Pièrre Lachat)

Im herkömmlichen Betroffenheitsstil hätte der Filmautor unser aller Verständnis und Mithilfe beim Verbessern der Lage zu mobilisieren versucht, und die Volkskrankheit Depression wäre als ein zu lösendes Verwaltungsproblem und eine Frage der korrekten Verarztung erschienen. Der neue Stil, den auch Dieter Gränichers Dokumentarfilm «Seelenschatten» pflegt, kehrt die Sichtweise weitgehend um.
Der Autor legt weniger dar, was es braucht, um gesund zu werden, und berichtet sehr viel breiter davon, was es bedeutet und wie es sich anfühlt, es nicht zu sein. Denn an eine dauerhafte Linderung des Elends ist im Ernst nur zu denken, wenn zuvor begriffen wird, auf welche Weise jeder einzelne Depressive sich selber erlebt in seinen wechselnden Gemütszuständen. (...)

Dieter Gränicher hat in drei Jahren ganze Arbeit geleistet, sie aber bewusst zweigeteilt. Wissenschaftler und Pfleger haben hinter der Kamera an «Seelenschatten» mitgewirkt, doch kommen sie im Film nur am Rande vor. Ihre Interventionen sind, statt mit auf die Leinwand geworfen, auf einer gleichzeitig erschienenen DVD versammelt ('Depressionen - Ohnmacht und Herausforderung').
Anhand von über fünf Stunden gefilmtem Material leitet sie zur praktischen Seite der Angelegenheit über: für diejenigen, die selber unmittelbar zu handeln haben, seis als Patienten, als Laien oder als Fachleute. Der Dokumentarismus könnte sich auf diese noch durchaus unerprobte Weise einen neuen Stil erschliessen, der wissenschaftliche Genauigkeit, soziale Verantwortung und freien publizistischen Ausdruck wenigstens lose miteinander verbindet statt sie in sattsam gewohnter Weise auseinander zu treiben und gegeneinander auszuspielen.


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Radio DRS 2 14.11.02 (Fragen an Angelika Schett)

Sprecher:
(...) Der Film SeelenSchatten soll Verständnis wecken für Menschen, die wegen ihrer psychischen Krankheit nach wie vor stigmatisiert sind. Angelika Schett hat „SeelenSchatten“ gesehen und ist davon begeistert. Ich fragte sie warum?

Angelika Schett:
Ich möchte zum Inhalt noch sagen: drei Menschen, die an einer schweren Depression leiden, hat der Dokumentarfilmer während 1 ½ Jahren begleitet. Er hat also die Stationen ihrer Leidensgeschichte, sowohl in der psychiatrischen Klinik als auch nachher gefilmt. Man sieht also, wie alle drei kämpfen, um nach der Klinik die Lebensaufgaben im Alltag wieder auf die Reihe zu bekommen. Der Dokumentarfilmer lässt seine Hauptfiguren so in szenisch aneinandergereihten Bildern zu Wort, zum Schweigen, zu Tränen, zum Warten und zum Tun kommen. Ihn sieht man so gut wie nie, sparsam hört man seine Fragen aus dem OFF. Das ist das, was mir unglaublich gefallen hat: nämlich ohne jegliche psychologische, therapeutische Fachsimpelei. Es steht schlicht das Leben der Menschen im Mittelpunkt, die ihre jeweiligen Depressionen leiden und auch bekämpfen. Und dabei wird tottrauriges ebenso deutlich wie auch die enorme Kraft, mit der die Menschen im Film versuchen, ihrer Depression zu entkommen. (...)

Sprecher:
Denken sie ans Publikum dieses Filmes. Können Depressive oder Leute mit depressiven Angehörigen von diesem Film profitieren?

Angelika Schett:
Unbedingt! Ich würde sogar so weit gehen und sagen, jeder und jede sollte diesen Film anschauen. Wer nämlich was vom Leben und von diesem existentiellen Nichts, vor dem man dann steht, von dieser Lähmung und Erstarrung, die in irgendeiner Form auch alle Menschen kennen, wer da wirklich mal etwas mehr verstehen möchte, ist mit Sicherheit gut bedient. (...)


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ZÜRICH EXPRESS 19.11.02 (Irene Genhardt)

(...) Eineinhalb Jahre lang hat Dieter Gränicher drei Betroffene mit der Kamera begleitet. Hat sie beobachtet, ihnen zugehört. Hat ihnen Zeit gegeben, vor laufender Kamera nach Worten zu tasten, die ihrer Befindlichkeit Ausdruck verleihen. Manchmal fragt der Regisseur sanft nach, meist ist er nur da. Fängt Hélènes scheues Lächeln ein, wenn sie ihrer Therapeutin von der Kraft und Fröhlichkeit erzählt, die sie beim Malen eines Bildes durchlebt – hält aber auch die Tränen fest, die wenig später urplötzlich aus ihren Augen quellen.

Gränicher forscht nicht nach Ursachen, serviert keine medizinische Erklärungen. Er ist dezent; betreibt die Dokumentarfilmerei - ähnlich wie vor vier Jahren in 'Der Duft des Geldes' - mit dem Gestus eines aufmerksamen, zugleich aber diskret-verschwiegenen Butlers. Resultat ist eine Zustandbeschreibung. Ein ruhiger und vor allem menschlicher Film, der seinen bisweilen schwierigen Protagonisten und ihrer Krankheit mit viel Respekt begegnet. Und der, untermalt mit stimmungsvoll-stimmigen Musikimprovisationen von Bronislaw Kopczynski, ein wenig Aufklärungsarbeit leistet.


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Filmtipp der kirchlichen Filmbeauftragten (Hans Hodel)

Film des Monats November: SeelenSchatten

Über Müdigkeit, Antriebslosigkeit, anhaltende Melancholie und andere depressive Stimmungen beklagen sich im Spätherbst viele Menschen. Aber was Depression als Krankheit ist, wo ihre tiefste Ursache liegt, wie sie sich ausdrückt, welche Folgen sie für die betroffenen Menschen hat, und wie diese damit umgehen, ist wenigen bekannt. Es ist auch schwierig zu vermitteln. Dabei brauchen sie, die häufig wie in ein schwarzes Loch fallen, sich aus dem Berufs- und Alltagsleben zurückziehen und keine Kraft mehr haben, etwas wollen zu können, verständnisvolle Begleitung und Hilfe von aussen.

Der Zürcher Filmemacher Dieter Gränicher leistet dazu mit seiner bewundernswerten geduldigen Art der Zuwendung und des Hinhörens eine erstaunliche Vermittlungsarbeit. Es ist ihm gelungen, mit Menschen unterschiedlichen Alters und sozialer Stellung, die unter schweren Depressionen leiden und deshalb zu einem Klinikaufenthalt gezwungen waren, während anderthalb Jahren eine von einfühlsamer Nähe und respektvoller Distanz geprägte Beziehung zu pflegen und sie über sich und ihre Krankheit erzählen zu lassen. Dass die Kamera immer die Menschen im Blickfeld hat und darauf verzichtet wird, "Depression" zum Gegenstand psychiatrischer Erläuterungen oder wissenschaftlicher Expertisen zu machen, ist die besondere Qualität dieses bewegenden Films.


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Neue Zürcher Zeitung 15.11.02 (Eleonore Frey)

(...) Auf die Anlässe zur Erkrankung geht der Film bewusst nicht ein, denn sie sind, obwohl manchmal einleuchtend, doch nie der wirkliche Grund des Problems. Das macht den Umgang mit Depressiven für Laien so schwer. Während die Angehörigen den plötzlichen, unerklärlichen Stimmungsschwankungen ratlos gegenüberstehen, suchen die Therapeuten nicht nach einer Erklärung, sondern nach einer Mitte zwischen den Extremen. In wohlbedachten Vorschlägen werden im Gespräch Strukturen entworfen, die die Beliebigkeit differenzieren sollen, in der die Betroffenen richtungslos herumtreiben. Was in der Klinik in Form von Beschäftigungstherapie zunächst ein Spiel ist, an das keiner so recht glauben will, wird beim Austritt Ernst: Arbeit suchen, in eine neue Wohnung ziehen, die Ausbildung abschliessen. Eine Entscheidung treffen: Wie schwer das ist! Ungeschützt sich ausliefern, sich behaupten. Tun, was getan sein muss. Jetzt.
Draussen ist das Tempo rascher, der Wind kälter, die Geduld der Mitmenschen kürzer: Dieter Gränicher stellt mit seiner von Autoritäten wie dem Psychiater Berthold Rothschild (Supervision) und Prof. Daniel Hell sanktionierten Studie indirekt auch die Frage, ob das so sein müsse. «Die Depression hat auch ihr Gutes», sagt Charles E., der sich über das veränderte, herzlichere Verhältnis zu seinen Verwandten freut. In der Konfrontation mit dem Leiden fallen die Masken. Dabei finden auch - im Schlimmen oder im Guten - die Gesunden zu sich selbst.


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Filmbulletin 11.02 (Birgit Schmid)

(...) Dieter Gränicher will mit seinem Film mithelfen, ein Tabu zu brechen. Die Aufforderung "Reiss dich zusammen!", mit denen depressivkranke Menschen häufig konfrontiert werden, bringt Ohnmacht und Unverständnis auf den Punkt. Die Depression ist die Krankheit der sich verweigernden Einfühlung. "Warum syt dir so traurig?" möchte man mit Mani Matter den Menschen in SeelenSchatten zurufen, bei denen die Frage, wie es denn heute gehe, rhetorisch wird. Der Regisseur nun akzeptiert das Unfassbare der Krankheit mit all ihren unterschiedlichen Ausprägungen, indem er bewusst drei individuelle Schicksale auswählt und die Fallbeispiele nicht in einen theoretischen Diskurs stellt. Gränicher beobachtet von aussen mit dem Blick des Laien. Er schaut und hört genau hin. Er schweigt mit, wenn die Patienten zusammengesunken am Tisch sitzen, gierig an der Zigarette saugen, den Blick ins Leere gerichtet. Hansueli Schenkels Kamera geht den Pakt mit den Verstummenden ein. Wenn Charles E. sich zur Waldarbeit aufrappelt, die er im Rahmen eines Beschäftigungsprogramms macht, verharrt sie auf dunklen, in Nebel gehüllten Baumwipfeln.
Gränicher, diskret im Hintergrund, setzt buchstäblich auf Stimmungen. Er fokussiert das Seelenleben der Porträtierten, ohne es zu erklären. Fachleute kommen nicht zu Wort, Ursachen, Behandlungsformen und Heilungschancen der Depression sind kein Thema. Damit wird gleichsam die Integrität der unfreiwilligen Grenzgänger bewahrt. (...)


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FACTS 14.11.02 (fu)

Einfühlsame Portraits
Der erfolgreiche Dokumentarfilmer Gränicher ("Gezeiten", "Transit Uri", "Der Duft des Geldes") porträtiert in "SeelenSchatten" zwei Frauen und einen Mann, die unter Depressionen leiden. Er hat sie eineinhalb Jahre filmisch begleitet, während die psychiatrischen Experten immer diskret im Hintergrund geblieben sind. Gränicher schildert differenziert, wie die Depressiven ihre Krankheit und Klinikaufenthalte erleben, und versuchte einfühlsam, die verschiedenen Aspekte der heimtückischen Krankheit zu erforschen. Sein Film erzeugt auf angenehme Weise Verständnis für Menschen, die durch ihre Krankheit viel Unverständnis und Kopfschütteln hervorrufen, manchmal auch stigmatisiert werden. Denn viele Zeitgenossen glauben, Depression sei bloss eine melancholische und vorübergehende Reaktion auf einen Klimawechsel oder einen Schicksalsschlag. "SeelenSchatten" klärt auf ohne Aufdringlichkeit, aber mit Behutsamkeit und Sympathie für die Leidenden.


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www.bluewin.ch > Magazin > Kino > Filmkritik (Severin Müri)

Wenn die Sonne nicht mehr scheinen will
(...) Dieter Gränicher ist ein Dokumentarfilm gelungen, der eine ungeheure Intensität und Direktheit schafft. Der Zuschauer erlebt das Schicksal der vier Menschen aus nächster Nähe. Man leidet mit ihnen mit und fühlt sich ihnen verbunden, so dass ihre Geschichten einen nicht kalt lassen. Der Film überzeugt sicher auch daher, weil Gränicher sich Zeit liess für die Produktion. Viel Zeit. Während eineinhalb Jahren konnte er eine starke Beziehung zu seinen Protagonisten aufbauen. Er konnte deren Vertrauen gewinnen. Und dieses Vertrauen spürt man überall, in jedem Gespräch mit den Betroffenen. Man dankt Gränicher für seine seriöse und ausdauernde Arbeit, wodurch ein erstklassiges Dokument zur Krankheit Depression entstanden ist.


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P.S.

(...) Gränicher bemüht sich, weder einen einseitig optimistischen noch einen dergleichen pessimistischen Film zu machen, sondern lässt die Gefühlsschwankungen eins zu eins zu - das Gesehene zu verarbeiten überlässt er dem Publikum.    > Tages-Anzeiger
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Mittelland Zeitung, Senta van de Weetering

(...) Gränicher filmt nicht nur einfühlsam, sondern auch gekonnt. So findet er für den Wunsch der jungen Frau nach Anonymität immer neue, ästhetisch befriedigende Lösungen. Dass sie im Rückblick oft lebendiger erzählt als Charles E. und Hélène P. in akuten Krankheitsphasen, bringt eine Dynamik in den Film, die verhindert, dass die Zuschauer vollkommen in die trübe Stimmung der Betroffenen hineingezogen werden. Denn damit wäre letztlich niemandem geholfen.

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