Krankheitsbild

Gedichte

Rita S., Betroffene

würgen
brennen
zerren
stechen
eingraben
pressen
schütteln
stossen
verkrampfen
feuern -
Ich ringe nach Atem. -
Schreie -
bahnt euch
den Weg hinaus!


*  *  *

Schreie
erstickt im Keim
verschüttet ruht ihr
tief in mir
auf Befreiung hinfiebernd.
- Vibriert,
erfasst mich,
auf dass sie erklingt,
meine stumm gewordenen Saite!


*  *  *

Gefühl -
drängt nach Freiheit,
möchte mich sprengen -
Warum lass ich es nicht geschehen?


*  *  *

Wer bin ich,
was soll ich hier im Leben?
Und: Was will ich? -
Ach, nichts mehr fühlen,
ein nichtmehrfühlendes Etwas sein,
nicht-sein, nichtsein, kalt und tot.
Der Tod ist mir näher denn je,
jetzt, wo in mir das Leben ruft;
Und ich erschrecke über das Ausmass
des Schreiens in mir!

Es drückt mich, würgt mich,
doch ich ersticke nicht daran.
Es überschwemmt mich, ich versinke im Schlamm,
doch ich ertrinke nicht darin.
Es versengt meine Haare, meine Haut, mein Herz,
doch ich verbrenne nicht in den Flammen.
Es schmerzt mich, die Spannung ist unerträglich,
doch es zerreisst mich nicht davon.

Leiden -
jeden Tag von Neuem
in unvergleichlicher Stärke
und doch nur so,
dass ich ihm nicht erliege.
Leiden -
doch kein erlösender Tod.

Ein Sinn? -
Durchhalten vielleicht,
kein Er-liegen,
ein Er-leiden.


*  *  *

Tränen -
trocknen in mir.
Eine um die andere
verdampft
verklingt -
unerhört im Alltagslärm.


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